Interview

Portraits Agnes Murmann und Nicole Brugger

Portraits Agnes Murmann und Nicole Brugger

«Die Post summt täglich um uns herum.»

Agnes Murmann und Nicole Brugger gestalteten für die Post im BaseCamp des Locarno Film Festival eigens einen Raum der Begegnung. Wir haben die jungen Kunstschaffenden gefragt, welche Begegnungen die Post in einer digitalen Zeit noch möglich machen kann.

Die Szenografin und Produktdesignerin Agnes Murmann und die Grafikerin Nicole Brugger entwerfen und gestalten gemeinsam Raumkonzepte für Ausstellungen oder Begegnungsorte. Räume, in denen sich Menschen begegnen, faszinieren sie – man kann diese Räume planen und gestalten und doch nie vorhersagen, wie die Menschen sich darin verhalten oder fühlen werden. Als Raumgestalterinnen wollen sie die Menschen auch dazu auffordern, sich mit ihrer Umgebung auseinanderzusetzen und Räume aktiv mitzugestalten.

Im Rahmen des Projekts habt ihr euch intensiv mit der Post auseinandergesetzt. Seht ihr die Post und wie sie die Menschen zusammenbringt jetzt anders?

Agnes und Nicole: Wie Bienen summt die Post täglich um uns herum – ohne dass wir es bewusst wahrnehmen. Die Briefkästen, Autos und Motorräder der Post sind überall und gehören praktisch zum Ortsbild. Sich mit der Post zu beschäftigen, hat uns auch ein bisschen die Augen dafür geöffnet, wie omnipräsent die Post ist.

Für die Recherche waren wir im Briefzentrum Härkingen und haben dadurch erst realisiert, welche Menge an Briefen und Paketen die Post tagtäglich befördert und wie stark die verschiedenen Standorte miteinander verbunden sind und sein müssen, damit ein Brief über Nacht am gewünschten Ort ankommt.

Warum ist es euch wichtig, dass Kunst die Menschen zusammenbringt?

Kunst ist eine universelle Sprache, die Emotionen und Ideen auf eine einzigartige Weise vermittelt. Kunst kann eine Brücke sein, um miteinander in Kontakt zu kommen – über Sprach- und Landesgrenzen hinweg. Durch Kunst können Menschen unterschiedlicher Hintergründe und Perspektiven zusammenkommen, um gemeinsame Erfahrungen zu teilen und sich gegenseitig zu bereichern.

Welche Botschaften wollt ihr mit euren Projekten ausserhalb dieses Engagements vermitteln? Was sollen die Leute mitnehmen, wenn sie sich mit euren Werken auseinandersetzen?

Wir sehen unseren Raum nicht als Werk, sondern viel mehr als Werkzeug – als Baukasten. Im Fall des Filmfestivals soll er die Künstlerinnen und Künstler des BaseCamp dazu animieren, sich den Raum selbst zu gestalten und anzueignen. Der Raum soll eine durch die Post zur Verfügung gestellte Plattform sein, auf der die Besuchenden sich begegnen können. Zusammen mit der Bibliothek im Raum nebenan möchten wir die Menschen dazu anregen, sich auszutauschen, zu diskutieren und Neues zu kreieren. Die Raumgestaltung macht an verschiedenen Stellen das Engagement der Post in der Kunst sichtbar.

Über Nicole Brugger

In Reiden (LU) absolvierte Nicole Brugger eine Lehre als Polygrafin. Seit rund neun Jahren lebt sie in der Stadt Luzern, wo sie nach dem Vorkurs an der Hochschule Luzern Graphic Design studiert hat. Als selbständige Grafikerin hat Nicole Brugger viele Aufträge im Kulturbereich und versucht dabei immer wieder aufs Neue, mit der Grafik visuelle Geschichten zu erzählen. Jedoch gehören Spaziergänge im Wald genauso zu ihrer Arbeit wie das Setzen von Schriften. Nicole Brugger hat ein Auge dafür, was andere gerne übersehen. Das Projekt Bork, das die unter Baumrinden von totem Holz versteckten Zeichnungen untersucht, ist ein Beispiel dafür. Ihre Arbeiten, die genau und analytisch sind, bewegen sich oft an der Grenze zwischen Grafik und Kunst, Botschaft und Beobachtung.

Über Agnes Murmann

Agnes Murmann ist Produktgestalterin und Szenografin. Sie studierte an der Ecole d‘Art in Lausanne Produktdesign. Seit 2022 lebt sie in Basel, wo sie selbständig arbeitet. Als Produktgestalterin arbeitet sie im Moment an einer Produktgestaltung mit der integrativen Werkstatt St. Jakob in Zürich – ein von Pro Helvetia unterstütztes Projekt. Der Lebensraum Stadt fasziniert Agnes Murmann und die Auseinandersetzung mit dem öffentlichen Raum ist zentraler Bestandteil ihrer Arbeit. So entwickelte sie mit ZMIK ein Projekt zur Verschönerung der Globus-Baustelle auf dem Basler Marktplatz oder gestaltete eine der Installationen für Lausanne Jardin 2024.